Poetischer Raum 1

Das Formenrepertoire ist vertraut, die Wandlungsfähigkeit ist immer wieder unter Beweis gestellt worden. Und wieder schauen wir verblüfft auf neue, überraschende Ergebnisse, die aus den schon kanonisch zu nennenden Begrenzungen entstanden sind. Wie bei einem Zaubertrick hat die Simplizität immer etwas Unglaubliches. In unerwarteter Bildlichkeit stehen uns fiktive Stillleben gegenüber. Rätselhafte Kompositionen aus Körpern und Linien, die Bezüge zu Labor-, Werkstatt-, Arbeitsalltag herstellen, lenken die Wahrnehmung in ein Spannungsfeld zwischen entrückt und alltäglich. Ein unbekannter Stoff mit perlmuttartig changierenden Glanzeffekten irritiert mit dem Effekt der metallisch grauer Feinstruktur. Semitransparent und technisch hat er etwas von der Permeabilität einer Membran, die gleichfalls als Körper oder Figur im Raum auftreten kann. Eingebunden sind die Körper in eine fragile Linienkonstruktion aus schwarzem Eisendraht, die den Bildraum umschreibt. Wir treffen auf Kreuzungen und Orte der Begegnung, Akkumulationspunkte, gebündelte Kräften aus geschlossenen Kreisen und in den Raum verweisenden Geraden. Stimmungsvoll verbindet sich die Transparenz der Form mit erlebten und geahnte Bewegungsspielräumen, während die ephemere Existenz der Schatten eine weitere Ebene der Form im Wandel des Lichtes nachzeichnet. Der Raum außerhalb des Raums wird Teil der nachdenklich heiteren Artikulation des poetischen Raums."

Dr. Sabine Runde, "Ornament ohne Ornament" Museum für angewandte Kunst Frankfurt, 2007